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josfritz Buchhandlung Freiburg
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Johannes Anyuru

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Luchterhand Verlag , gebunden , 288 Seiten

 19.99 €

 978-3-630-87490-6

Ein Sturm wehte vom Paradies her

Der autobiographisch geprägte Roman des schwedischen Autors Johannes Anyuru ist eine intensive Annäherung an das Schicksal seines ihm fremd gebliebenen Vaters. In Uganda geboren, wird er in den späten 1960er Jahren für die Luftwaffe des nun unabhängigen Landes ausgebildet. 1968 wird er für drei Jahre in die Militärakademie des befreundeten Griechenlands (damals von einer Militärjunta regiert) geschickt. Danach möchte er nach Uganda zurückkehren. 1971, kurz vor dem Ende seiner Ausbildung, putscht sich Idi Amin in Uganda an die Macht und errichtet ein Terrorregime. P, wie Johannes Anyuru seinen Vater nur nennt, bewirbt sich daraufhin als ziviler Pilot in Sambia.

Seine Rückkehr nach Afrika wird ihm zum Verhängnis: Noch am sambischen Flughafen wird er verhaftet und nach Tansania ausgeliefert. Dort glaubt man, er sei ein ugandischer Spion. Dass jemand freiwillig aus dem damals eher sicheren Europa nach Afrika zurückkehren könnte, ist für alle unvorstellbar.  
„Er wälzt sich in der heißen Nacht hin und her, sein Körper fühlt sich an wie ein Knäuel aus leeren Schläuchen und Säcken und fest gespannten Sehnen und immer dünneren Muskeln. Wie konnte er nur so dumm sein, nach Afrika zurückzukehren? Die Gedanken liegen in ihm, ohne sich zu rühren. Immer und immer wieder die gleichen Fragen, jene Fragen, die ihm auch alle anderen stellen, wenn er von seiner Reise erzählt. Warum, warum.“
Von der Geschichte überrollt landet P schließlich in Schweden. Seine Odyssee als Vertriebener, Flüchtling, Überlebender endet leider auch dort nicht: Trotz eigener Familie bleibt sein Leben von Entwurzelung und Heimatlosigkeit geprägt.

Mit viel Respekt und einer starken, poetischen Sprache gelingt Johannes Anyuru eine atmosphärisch dichte Verbindung zum väterlichen Schicksal. Der berührende Roman hallt lange nach - und macht vielleicht klar, was manche Flüchtlinge, die nun unsere neuen NachbarInnen sind, wirklich erlebt haben.  

Da passt das Zitat von Walter Benjamin, auf den Anyuru im Titel seines Buches Bezug nimmt. Benjamin, der sich 1940 auf der Flucht vor den Nazis das Leben nahm, schrieb vom Engel der Geschichte, der von einem Sturm aus dem Paradiese fortgeweht wird und machtlos auf den Trümmerhaufen unter sich blickt. „Das, was wir Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“ 

Aus dem Schwedischen von Paul Berf.