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josfritz Buchhandlung Freiburg
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Ulrike Herrmann

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Kiepenheuer & Witsch Verlag , gebunden , 352 Seiten

 24.- €

 978-3-462-00255-3

 08.09.2022

Das Ende des Kapitalismus

Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden

Vor einem halben Dutzend Jahren war Ulrike Herrmann, die Wirtschaftsredakteurin der taz, noch sicher: Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Jetzt aber prognostiziert sie das Ende des Kapitalismus. Herrmann findet nämlich, dass – so der Untertitel – »Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind«. Eine solche Konstellation allerdings erfordere Überlegungen, »wie wir in Zukunft leben werden«. Das ist ein dickes Brett, und ein Programm. Es besteht aus Diagnose und – wenn auch nicht ausformulierter Therapie, so doch aus konkreten Überlegungen zu einer Überlebenswirtschaft.

Was wir uns darunter vorstellen können: Herrmann beanstandet bei vielen wichtigen Arbeiten von Kapitalismuskritiker*innen und Transformationsanhänger*innen, dass sie das richtige Ziel der nicht mehr an Wachstum orientierten, nachhaltigen Kreislaufwirtschaft unhinterfragt für den Weg dorthin halten. So einfach ist es aber nicht. Denn Kapitalismus funktioniert nicht ohne Wachstum: Ohne Wachstum reißen nicht nur Lieferketten. Dann überflüssige Wirtschaftszweige wie Versicherungen, SUV-Produzenten, Banken und Fluglinien würden Arbeitskräfte freisetzen (müssen) – und damit Rechtspopulist*innen zum Fraß vorwerfen. Dass ein Rück- und Umbau der Wirtschaft nicht ins Verderben führen muss, sondern auch gesellschaftliche Kreativität freisetzen kann, zeigt Herrmann in ihrem historischen Kapitel zur britischen Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg: Um sich gegen Hitlers Angriffskrieg zur Wehr zu setzen, musste das Vereinigte Königreich die eigene Wirtschaft ab 1939 schnell auf die Produktion von Kriegsgeräten umstellen. Das gelang in Form einer staatlich verordneten, aber privat organisierten Planwirtschaft. Ergebnis: Die Rationierung führte zu einer gerechteren und damit auch besseren Ernährung der Bevölkerung, ebenfalls stieg der Gemeinsinn. Ein solches Ende des Kapitalismus klingt nicht bedrohlich, und das ist nicht nur vor Weihnachten eine gute Nachricht.

Nina Degele

( Political Correctness – Winter 2020 )