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josfritz Buchhandlung Freiburg
josfritz Buchhandlung Freiburg

Wilfrid Lupano

cover

Aus dem Französischen von Tanja Krämling.
Splitter Verlag , gebunden , 55 Seiten

 17.- €

 978-3-95839-147-5

 26.10.2022

 Paul Cauuet

Die alten Knacker

Die übrig bleiben

Pierre, Mimile und Antoine sind in ihren Siebzigern, politisch links bis äußerst links und gleichzeitig herrlich unkorrekt, sie sind körperlich gebrechlich, aber im Kopf hellwach und emotional unter Volldampf, sie foppen sich gegenseitig, werfen sich alte Geschichten vor und im nächsten Moment schwelgen sie in gemeinsamen Erinnerungen oder lachen sich halbtot über irgendeinen Idioten. Sie sind jeder auf seine Weise so eigenwillig und verschroben, dass sie einem im richtigen Leben garantiert mächtig auf den Geist gehen würden. Mit einem Wort: fantastisch!

Im ersten Band erfährt Antoine, dass seine inzwischen verstorbene Frau ihn mit seinem ehemaligen Arbeitgeber betrogen hat. Rasend vor Eifersucht schnappt er sich sein Gewehr und reist in die Toskana, um seinen Widersacher zur Rede zu stellen. Voller Sorge folgen Pierre und Mimile ihm, unterstützt von Sophie, der schwangeren Enkelin von Antoine. Der Rest ist ein mit Irrsinn und Humor gespicktes Roadmovie.

Das Ganze hätte das Zeug zum Klischee, wären da nicht neben all dem Irrsinn die sehr realistischen Pannen und Probleme. Und natürlich die unfassbar großartigen Zeichnungen! Die schwabbelnden Wangen und faltigen Hälse, die hundert Prozent französische Gestik. Die Panels sind mal sparsam und klar, mal voller Details. Zeichner Paul Cauuet schafft es, in vier Panels die Kindheit der Protagonisten so darzustellen, dass man bedauert, nicht dabei gewesen zu sein.

Am besten gefallen mir die kleinen Nebengeschichten und Seitenhiebe. Etwa, dass das Marionettentheater Hänsel und Gretel nicht mehr aufführen darf, weil es Kinder dazu verleitet, Süßigkeiten zu essen. „Hänsel und Gretel mit einem Haus aus Brokkoli und Fenstern aus Rüben! So eine Scheißwelt!", schreit Pierre und lacht sich tot. Ihn mag ich besonders, diese anarchistische Nervensäge. Vielleicht weil, vielleicht auch obwohl er den Anzug seines Freundes Mimile mit einem umgedrehten Hodensack vergleicht und permanent hupend durch die Gegend fährt, weil er festgestellt hat, dass die anderen dann besser aufpassen.

Fraue Bahle

Vogelschiss – Sommer 2021