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josfritz Buchhandlung Freiburg
josfritz Buchhandlung Freiburg

Georges-Arthur Goldschmidt

cover

Aus dem Französischen von Monika Noll.
ca ira , kartoniert , 192 Seiten

 25.- €

 978-3-86259-180-0

 05.04.2023

Heidegger und die deutsche Sprache

Heidegger und die deutsche Sprache heißt der Essay von Georges-Arthur Goldschmidt, der im April 2023 in deutscher Erstübersetzung im ca ira Verlag in Freiburg erscheint. Bereits in vielen, früher erschienenen Texten des vielfach ausgezeichneten, nach Frankreich emigrierten Autors (Nelly-Sachs-Preis, Freud Kulturpreis u.a.) reflektiert der Autor, Literat und Übersetzer auf die Sprache „als solche": eine Sprache, die von der Shoah nicht unberührt hat bleiben können, eine Sprache, der es nicht gelungen ist, „solch wahnwitzigen Schrecken zu erfassen. Es ist, als wäre die menschliche Sprache von dieser Tat verschluckt worden." Seither kann das Verhältnis zur menschlichen Sprache, so Goldschmidt, nur ein gestörtes bleiben, sofern überhaupt über die Katastrophe gesprochen und sich nicht in Schweigen gehüllt wird.
In „Als Freud das Meer sah. Freud und die deutsche Sprache" (1985/1999) hat Goldschmidt anhand der Fragen, die sich bei der Übertragung der Texte Freuds ins Französische stellten, die unauflösbare Spannung beschrieben, die dadurch entsteht, dass es in einer Sprache, hier dem Deutschen, Worte gibt, die einen Sinn ergeben, denen im Französischen kein Ausdruck entspricht und umgekehrt. Er hat die eine Sprache sozusagen auf die Couch gebeten, weil ihm dadurch erst möglich wird, die Widerstände aufzuzeigen, die sich dem darbieten, der den Gehalt der einen Sprache in die andere zu übertragen versucht.
Im Zuge der „französischen Heideggermanie", die Goldschmidt im Vorwort seines jetzt vorgelegten Essays denunziert, wurde der „Denker aus Meßkirch" – jenseits der grundsätzlichen Probleme der Übertragung einer Sprache in die andere – in den Übersetzungen salonfähig gemacht und geglättet. Keiner der Übersetzungen Heideggers, so Goldschmidt, seien dem autoritären Gehalt seines Deutsch auch nur im Entferntesten gerecht geworden. Warum und wie Heideggers Denken sich mit der der lingua tertii imperii, der Sprache des Dritten Reiches, amalgamieren konnte, zeigt Goldschmidt der französischen Leserschaft in den zu diesem Band zusammengetragenen Vorlesungen, die er 2004-2006 an der Collège international de philosophie gehalten hat.
Die in diesem Buch vorgebrachten Überlegungen sind grundsätzlicherer Art, beinhalten sie doch eine Kritik der deutschen Sprache, in der das gestörte Verhältnis zur Sprache selbst zum Gegenstand wird. Damit ist Goldschmidt nicht der „feurigste Vermittler zwischen Frankreich und Deutschland", wie es im Werbetext für das Freud-Buch 2005 hieß, sondern ein Kritiker, der ein Plädoyer für eine Philosophie geschrieben hat, die „die Sprache so wenden müsste, wie Celan es für die Dichtung getan hat".

Gabi Walterspiel