Leonardo Padura
Wie Staub im Wind
Ich lese die Bücher von Leonardo Padura seit Jahren mit großer Begeisterung und bin mit seinem „Helden" Mario Conde gemeinsam älter geworden. Mochte die wirtschaftliche und politische Situation in seinem Heimatland Cuba auch noch so schlimm sein, Conde kam nicht auf die Idee, sein Einkommen, woher es auch immer kam, zu sparen, sondern er gab es stets für ein gemeinsames Abendessen mit seinen Freunden aus, kaufte Lebensmitteln und genügend Rum, um mit ihnen zu feiern. Die Freundschaft: Sie war der Grund für Conde, auf der Insel zu bleiben.
Der Roman „Wie Staub im Wind" kommt nun ohne Mario Conde aus und führt zurück zur Jahreswende 1989/1990 und ins Haus der Architektentochter Clara. Dort trifft sich eine verschworene Freundesgruppe, die sich selbst der „Clan" nennt, zur anstehenden Geburtstagsfeier von Clara. Schon seit der Uni waren die Mitglieder des Clans befreundet, und obwohl sie alle später unterschiedliche Wege gingen, blieben sie einander eng verbunden. Doch dieses Treffen zum Jahreswechsel wird das letzte große Treffen bleiben. Ein mysteriöser Todesfall nur wenige Tage später und das Verschwinden von Claras enger Freundin Elisa beginnen den Clan zu dezimieren. Der bevorstehende Zusammenbruch der Sowjetunion nach dem Fall der Mauer in Berlin wird dann die Lage in Cuba immer weiter verschlechtern und immer mehr Freunde ins Ausland treiben. Der Clan löst sich auf.
Padura beschreibt die zunehmenden Versorgungsprobleme, das weitere Anwachsen der Korruption und wie selbst Errungenschaften der kubanischen Revolution wie das Gesundheitswesen ihren Wert verlieren, wenn es Medikamente nur gegen Dollars auf dem Schwarzmarkt zu kaufen gibt, sehr anschaulich.
Fast alle Freunde Claras und sogar ihre beiden Söhne verlassen im Laufe der Jahre die Insel, weil sie für sich keine Perspektive mehr in ihrem Heimatland sehen. Der Clan zerstreut sich in alle Winde, wie Staub im Wind. Und doch bleiben die freundschaftlichen Beziehungen bestehen, unterstützen sie sich gegenseitig und halten über alle Grenzen zusammen.
Hatte Leonardo Padura in den Romanen mit Mario Conde jeweils die Situation in Cuba zu einem bestimmten Zeitpunkt beschrieben, so ist der Roman „Wie Staub im Wind" eine Zusammenfassung der Entwicklung seit 1989. „Próxima estación: Esperanza", (Nächste Ausfahrt: Hoffnung) wie Manu Chao singt. Sie ist nicht in Sicht.
Rüdiger Behrend
Aus dem Spanischen von Peter Kultzen.
Unionsverlag , Taschenbuch , 528 Seiten
19.- €
978-3-293-20990-9
10.07.2023
Wie Staub im Wind
Ich lese die Bücher von Leonardo Padura seit Jahren mit großer Begeisterung und bin mit seinem „Helden" Mario Conde gemeinsam älter geworden. Mochte die wirtschaftliche und politische Situation in seinem Heimatland Cuba auch noch so schlimm sein, Conde kam nicht auf die Idee, sein Einkommen, woher es auch immer kam, zu sparen, sondern er gab es stets für ein gemeinsames Abendessen mit seinen Freunden aus, kaufte Lebensmitteln und genügend Rum, um mit ihnen zu feiern. Die Freundschaft: Sie war der Grund für Conde, auf der Insel zu bleiben.
Der Roman „Wie Staub im Wind" kommt nun ohne Mario Conde aus und führt zurück zur Jahreswende 1989/1990 und ins Haus der Architektentochter Clara. Dort trifft sich eine verschworene Freundesgruppe, die sich selbst der „Clan" nennt, zur anstehenden Geburtstagsfeier von Clara. Schon seit der Uni waren die Mitglieder des Clans befreundet, und obwohl sie alle später unterschiedliche Wege gingen, blieben sie einander eng verbunden. Doch dieses Treffen zum Jahreswechsel wird das letzte große Treffen bleiben. Ein mysteriöser Todesfall nur wenige Tage später und das Verschwinden von Claras enger Freundin Elisa beginnen den Clan zu dezimieren. Der bevorstehende Zusammenbruch der Sowjetunion nach dem Fall der Mauer in Berlin wird dann die Lage in Cuba immer weiter verschlechtern und immer mehr Freunde ins Ausland treiben. Der Clan löst sich auf.
Padura beschreibt die zunehmenden Versorgungsprobleme, das weitere Anwachsen der Korruption und wie selbst Errungenschaften der kubanischen Revolution wie das Gesundheitswesen ihren Wert verlieren, wenn es Medikamente nur gegen Dollars auf dem Schwarzmarkt zu kaufen gibt, sehr anschaulich.
Fast alle Freunde Claras und sogar ihre beiden Söhne verlassen im Laufe der Jahre die Insel, weil sie für sich keine Perspektive mehr in ihrem Heimatland sehen. Der Clan zerstreut sich in alle Winde, wie Staub im Wind. Und doch bleiben die freundschaftlichen Beziehungen bestehen, unterstützen sie sich gegenseitig und halten über alle Grenzen zusammen.
Hatte Leonardo Padura in den Romanen mit Mario Conde jeweils die Situation in Cuba zu einem bestimmten Zeitpunkt beschrieben, so ist der Roman „Wie Staub im Wind" eine Zusammenfassung der Entwicklung seit 1989. „Próxima estación: Esperanza", (Nächste Ausfahrt: Hoffnung) wie Manu Chao singt. Sie ist nicht in Sicht.
Rüdiger Behrend