Shaun Tan
Reise ins Innere der Stadt
Shaun Tan muß zaubern können. Oder seine Tage besitzen einfach mehr Stunden als meine. Wie sonst könnte es sein, dass ein Mensch in so vielen künstlerischen Disziplinen eine derartige Meisterschaft zu erreichen vermag?
Wenn ich meine Neidgefühle zur Seite schiebe und mich dem zuwende, was Shaun Tan mir in seinem Buch Reise ins Innere der Stadt zu erzählen hat, dann werde ich von ihm reich beschenkt:
Mit surreal anmutenden Geschichten und berührenden Bildern über das Verhältnis von Mensch und Tier. Mal geht es um die Liebe zum Tier, die in uns die Verbindung zu unserer eigenen Spiritualität lebendig hält, mal um den achtlosen Umgang mit Tieren und die Respektlosigkeit gegenüber unseren Mitkreaturen.
Es gibt eine Geschichte über eine Eule, die am Krankenhausbett wie ein guter Geist Hoffnung spendet, eine andere über eine komplette Vorstandsmitgliederversammlung, die sich in Frösche verwandelt, eine über ein Kind in einem fahrenden Auto, das plötzlich die Geister der Pferde sehen kann, die noch bis vor etwas mehr als hundert Jahren dem Menschen treu gedient haben und jetzt orientierungslos über den Asphalt galoppieren. Eine Geschichte erzählt von einem Fuchs, der nachts den von den Wäldern träumenden Menschen in seinem perfekten sauberen Bett heimsucht, eine andere von Bären, die mit ihren Anwälten die Menschheit verklagen. Es gibt ein Gedicht über das letzte Nashorn, das unter Applaus auf einem Zebrastreifen geschossen wird und eine Geschichte über die einzige Maßnahme, die dabei hilft, nicht von dem hinter einem herschleichenden Tiger gerissen zu werden: das Tragen einer Maske, eines zweiten Gesichtes, auf dem Hinterkopf. Das verwirrt den Tiger, der immer von hinten angreift.
Zu jeder der Geschichten gibt es ein oder mehrere Ölbilder, deren Schönheit nahezu verstörend ist und die den Texten eine weitere Ebene hinzufügen, wie ein Seelenbild.
Meine Lieblingsgeschichte, über die ich auch zu diesem Buch gekommen bin, ist ein Gedicht über die tiefe Beziehung von Mensch und Hund, das tierische Wesen, mit dem wir uns im Laufe unserer Entwicklungsgeschichte wohl am meisten verbunden haben.
Die Geschichten sind geheimnisvoll und manchmal wie unfertig oder unerklärt. Und genau das finde ich wunderbar: Sie fordern mich heraus, meine eigenen Gedanken und Ideen losspielen zu lassen.
Vanessa Valk ist Figuren- und Schauspielerin und führt Regie
Zurzeit vertieft sie in ihren Projekten „Hundeherz", das nach der Premiere in Freiburg erfolgreich tourt, und „Tiere in der Stadt" das Nachdenken über das Verhältnis von Mensch und Tier. „Dass es eine Theaterintervention im öffentlichen Raum werden soll, stand schon lange vor der Corona-Krise fest. Jetzt haben wir das Glück, dass wir durch das besondere Format auch unter Pandemie-Bedingungen arbeitsfähig bleiben."
Aus dem Englischen von Eike Schönfeld.
Aladin , gebunden , 288 Seiten
28.- €
978-3-8489-2118-8
28.09.2018
Reise ins Innere der Stadt
Shaun Tan muß zaubern können. Oder seine Tage besitzen einfach mehr Stunden als meine. Wie sonst könnte es sein, dass ein Mensch in so vielen künstlerischen Disziplinen eine derartige Meisterschaft zu erreichen vermag?
Wenn ich meine Neidgefühle zur Seite schiebe und mich dem zuwende, was Shaun Tan mir in seinem Buch Reise ins Innere der Stadt zu erzählen hat, dann werde ich von ihm reich beschenkt:
Mit surreal anmutenden Geschichten und berührenden Bildern über das Verhältnis von Mensch und Tier. Mal geht es um die Liebe zum Tier, die in uns die Verbindung zu unserer eigenen Spiritualität lebendig hält, mal um den achtlosen Umgang mit Tieren und die Respektlosigkeit gegenüber unseren Mitkreaturen.
Es gibt eine Geschichte über eine Eule, die am Krankenhausbett wie ein guter Geist Hoffnung spendet, eine andere über eine komplette Vorstandsmitgliederversammlung, die sich in Frösche verwandelt, eine über ein Kind in einem fahrenden Auto, das plötzlich die Geister der Pferde sehen kann, die noch bis vor etwas mehr als hundert Jahren dem Menschen treu gedient haben und jetzt orientierungslos über den Asphalt galoppieren. Eine Geschichte erzählt von einem Fuchs, der nachts den von den Wäldern träumenden Menschen in seinem perfekten sauberen Bett heimsucht, eine andere von Bären, die mit ihren Anwälten die Menschheit verklagen. Es gibt ein Gedicht über das letzte Nashorn, das unter Applaus auf einem Zebrastreifen geschossen wird und eine Geschichte über die einzige Maßnahme, die dabei hilft, nicht von dem hinter einem herschleichenden Tiger gerissen zu werden: das Tragen einer Maske, eines zweiten Gesichtes, auf dem Hinterkopf. Das verwirrt den Tiger, der immer von hinten angreift.
Zu jeder der Geschichten gibt es ein oder mehrere Ölbilder, deren Schönheit nahezu verstörend ist und die den Texten eine weitere Ebene hinzufügen, wie ein Seelenbild.
Meine Lieblingsgeschichte, über die ich auch zu diesem Buch gekommen bin, ist ein Gedicht über die tiefe Beziehung von Mensch und Hund, das tierische Wesen, mit dem wir uns im Laufe unserer Entwicklungsgeschichte wohl am meisten verbunden haben.
Die Geschichten sind geheimnisvoll und manchmal wie unfertig oder unerklärt. Und genau das finde ich wunderbar: Sie fordern mich heraus, meine eigenen Gedanken und Ideen losspielen zu lassen.
Vanessa Valk ist Figuren- und Schauspielerin und führt Regie
Zurzeit vertieft sie in ihren Projekten „Hundeherz", das nach der Premiere in Freiburg erfolgreich tourt, und „Tiere in der Stadt" das Nachdenken über das Verhältnis von Mensch und Tier. „Dass es eine Theaterintervention im öffentlichen Raum werden soll, stand schon lange vor der Corona-Krise fest. Jetzt haben wir das Glück, dass wir durch das besondere Format auch unter Pandemie-Bedingungen arbeitsfähig bleiben."