Loading...
josfritz Buchhandlung Freiburg
josfritz Buchhandlung Freiburg

Patrick Findeis

cover

Liebeskind Verlag , gebunden , 208 Seiten

 20.- €

 978-3-95438-141-8

 14.02.2022

Paradies und Römer

Paradies und Römer ist ein Ort, Paradiesstraße Ecke Römerstraße, im Osten von Heidenheim an der Brenz gelegen. Eine triste Hochhaussiedlung, schlechte Nachbarschaft, Drogen, Gewalt, sozial schwach, unterprivilegiert, sagt man gemeinhin. Hier sind die vier Protagonisten des Romans von Patrick Findeis groß geworden, hier haben sie gemeinsam ihre Jugend verbracht, Frankie, Danilo, Ferry und Ellen, gemeinsam und doch irgendwie allein.

Ihre Jugendjahre in den frühen Neunzigern, deren Soundtrack aus den Pixies, Violent Femmes, Hüsker Dü und Joy Division besteht, sind der ständig wiederkehrende Bezugspunkt des Romans, der jedoch in der Jetztzeit angesiedelt ist. Post Punk und New Wave sind mittlerweile verschwunden, aus den Heranwachsenden ohne Zukunft sind Eltern mit Vergangenheit geworden, deren Soundtrack nunmehr die Melodien von Elsa der Eiskönigin, Ninjago oder Fortnite bilden.
Danilo, der unanfechtbare, brutale Anführer der damaligen Clique, sucht nach vielen Jahren Frankie auf, der es aus Paradies und Römer raus und als Zahntechniker nach Stuttgart geschafft hat, um ihn in sein Vorhaben einzuspannen. Es geht um schmutziges Geld, das Danilo aus schmutzigen Geschäften seines Chefs entwendet hat. Der will das Geld zurück, Danilo will es Ellen und den gemeinsamen Töchtern geben, denen er sich laut Gerichtsbeschluss nicht mehr nähern darf. Er will ihnen ein besseres Leben ermöglichen. Frankie ist Mittel zum Zweck.

Damit ist die Geschichte aufs Gleis gesetzt, die sich in düsterer Atmosphäre als eine Art Roadmovie im Dreieck Heidenheim, Geislingen, Stuttgart langsam entfaltet. Erzählt wird der Roman von Ferry, dem Vierten der alten Clique, der zum Zeitpunkt der Erzählung schon tot ist. Daraus ergibt sich der geisterhafte Zugang des Romans, in dem die Vergangenheit immer wieder nach der Gegenwart greift, ein Kniff, der die Ebenen verschwimmen lässt. Die Tatsache, dass Ferry als Toter erzählt, erlaubt ihm auch, die Träume der anderen zu sehen. Träumen bedeutet, der Vergangenheit zu entfliehen, und doch klemmen sie fest, die Träume, irgendwo zwischen Paradies und Römer.

Jonas Wegerer, Lektor und Redakteur