Lesetipp von Johanna Wintermantel
Olga Campofreda: Anständige Mädchen
Clara und Rossella sind Cousinen, beide aufgewachsen in einer gutbürgerlichen Familie in Caserta nahe Neapel. Der Lebenslauf scheint vorgezeichnet: Attraktiv sein, standesgemäß heiraten, Kinder bekommen, einen „Frauenberuf“ einschlagen, sich um die (Groß-)Familie kümmern, den sozialen Status wahren und angemessen nach außen zeigen, eigene Träume aufgeben. Rossella schlägt diesen Weg ein: Sie ist ein anständiges Mädchen. Clara dagegen fühlt sich von den Idealen ihres Umfelds unter Druck gesetzt und versucht ihnen zu entkommen, indem sie nach London zieht, sich mit Jobs über Wasser hält und andere Beziehungsformen ausprobiert. Doch die anstehende Hochzeit ihrer Cousine zwingt sie nicht nur zur Rückkehr nach Caserta, sondern auch zur intensiven Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Lebensentscheidungen und -entwicklungen, die in Rückblenden erzählt werden.
Lesetipp von Andrea Burzacchini
Igiaba Scego: Kassandra in Mogadischu
Meine Tochter legte 2020 ihre Abiturprüfung ab. Unter den Leistungskursen, über die sie die schriftliche Prüfung ablegen sollte, war natürlich Italienisch. Ein paar Monate vor der Prüfung fragte ich sie: „Habt ihr bestimmte Autor*innen, die ihr lesen müsst?“
„Ja, natürlich! Leonardo Sciascia und Igiaba Scego.“
„Wahnsinn! Und ist das die Wahl deiner Lehrerin?“
„Nein, vom Kultusministerium in Stuttgart!“
Als ich drei Jahre später Kassandra in Mogadischu las, musste ich an diesen amüsanten und aufschlussreichen Dialog denken, denn beim Lesen des Buches wurde mir klar, wie recht das Kultusministerium hatte.
Lesetipp von Sofia Sicilia
Dacia Maraini: Drei Frauen
Drei Frauen aus drei Generationen, die gezwungen sind, unter demselben Dach zu leben: die lebensfrohe und neugierige Großmutter Gesuina, die verträumte und romantische Maria und ihre rebellische und etwas zynische Tochter Lori.
Davide Coppo: Der Morgen gehört uns
Ettore lebt in einem kleinen Dorf nahe Mailand. Die Schritte, die ihm bevorstehen, kommen ihm groß vor. Er soll in die Stadt aufs Gymnasium wechseln, er steckt mitten in seiner Pubertät, die ihn dauernd vor schwierige Entscheidungen stellt. Ettore fühlt sich von all dem überfordert. Er ist sich unsicher, wohin ihn sein Lebensweg führen soll. Zudem hat er das Gefühl, dass viele Jungs, die er kennt, schon weiter sind als er: in ihrer körperlichen Entwicklung, im Kontakt mit Mädchen und in ihrem Auftreten. Im Rückblick ist er nicht mehr sicher, an welchem Punkt er zum ersten Mal falsch abgebogen ist.
Gian Marco Griffi: Die Eisenbahnen Mexikos
»Die Welt ist nicht schlecht, sie ist nur zu voll«, so, oder vielleicht etwas anders, hat es Brecht, oder vielleicht war es auch jemand anderes, einmal ausgedrückt. In Gian Marco Griffis Roman Die Eisenbahnen Mexikos ist die Welt zwar schlecht, doch gerade die Tatsache, dass sie so voll ist, macht sie erträglich.
Lesetipps von Ilaria Maccagno
Donatella Di Pietrantonio
Die zerbrechliche Zeit
Als Amanda in ihr Dorf in den Abruzzen zurückkehrt, erkennt ihre Mutter sofort, dass etwas nicht stimmt. Besorgt nimmt Lucia das Schweigen Amandas wahr und erinnert sich an jene Nacht vor dreißig Jahren, in der nur ...
Marta Barone
Als mein Vater in den Straßen von Turin verschwand
Als ihr Vater stirbt, ist Marta Barone keine dreißig Jahre alt. Ihre Mutter findet eine Akte mit Dokumenten zu einem Prozess, in dem er angeklagt wurde, Mitglied einer linksradikalen Bewegung zu sein. Wer war ihr ...